Ausgabe November 2022 (S. 48)
Prof. Dr. Dominik M. Müller und Winfried Jakob, beide Partner bei Bavaria Consulting, zeigen in diesem Gastbeitrag auf, wie Unternehmen im Food-Sektor ihre strategische Wettbewerbsposition durch konsequentes Kostenmanagement verbessern können.
Die Rahmenbedingungen des Wirtschaftens haben sich fundamental geändert. Die Food-Branche steht vor einer noch nie dagewesenen Kostensteigerung, die sich zu einer Preisspirale entwickeln kann. Makro- und mikroökonomische Hiobsbotschaften konfrontieren Lieferanten und Handel mit folgenden Krisen-Schlagworten: Covid-19, Ukraine, Sanktionen, Energiekrise, negative Konjunkturprognosen, wachsende Schuldenquote der Nationalstaaten, Lieferengpässe und mangelnde Warenverfügbarkeit durch Materialmangel und restriktive Transportlogistik, Inflation gewerblicher Erzeugerpreise und der Konsumentenpreise, Zurückhaltung im Einkaufsverhalten und ein verstärkter Verteilungskampf zwischen Handel und Industrie.
Insbesondere der Handel ist unter Druck, Supermärkte − Gewinner in der Pandemie − verlieren und versuchen ihre Preispositionierung gegenüber den Discountern zu verteidigen. Die Unternehmer stehen vor vielen Aufgaben, die gleichzeitig bewältigt werden müssen und immer öfter ein sofortiges Handeln erfordern. Insbesondere der Mittelstand ist von den aktuellen Entwicklungen besonders bedroht. Eines jedoch gilt für alle: Steigende Kosten führen zu einer Erosion der Umsatzrendite, was erste wissenschaftliche Studien zeigen.
Konsequentes Kostenmanagement ist daher das Gebot der Stunde. Je früher die Unternehmen Kostensenkungspotenziale heben, desto mehr Spielraum bleibt in der volatilen Marktsituation. Und was muss das Management tun? Kosten entstehen innerhalb aller Wertströme und Funktionen im Unternehmen: in der Beschaffung, der Produktion, in der Komplexität des Produktportfolios, im Vertrieb in diversen Absatzkanälen, der Transportlogistik, innerhalb der Kundenbeziehungen und -bearbeitung. Durch die oben geschilderten aktuellen Rahmenbedingungen steht das Management von Kostenniveau, -verlauf und -struktur verstärkt im Zentrum der Betrachtung.
Für die gewählte Strategie und Struktur der Unternehmen müssen dann Kosten in Niveau, Verlauf und Struktur optimiert werden. An dieser Stelle erhalten auch Instrumente wie Benchmarking und Insourcing/Outsourcing einen größeren Stellenwert.
Von besonderem Interesse sind sogenannte Quick wins, die für eine schnelle Entlastung und damit eine Ergebnisverbesserung sorgen können. Gerade für Unternehmen in einem eventuellen Vorkrisenstadium mit einer vorliegenden Verschlechterung der Renditen kann dies existenzentscheidend sein.
Quick wins in Abhängigkeit der vorliegenden Unternehmensstrukturen sind beispielsweise:
• Portfolio-/Sortiments(gruppen)-Analyse nach Umsatzbedeutung und Deckungsbeiträgen erste grobe Sortimentsbereinigung
• Account-Analyse nach Umsatz-/Absatzbedeutung und Ergebnisbeitrag
• Pricing: Erkennen von Schieflagen und Preisspreizungen in der Preisstellung von Eckartikeln Optimierung im Angebotsverhalten
Parallel dazu sollten die Unternehmen auch strukturelle Maßnahmen ergreifen. Beispiele hierfür:
• Einheitliches Arbeitswertsystem für alle Produktionsstandorte und -linien, Schaffung eines Standardsystems für die Beurteilung der variablen Herstellkosten aller Produkt/Linien-Kombinationen Basisarbeit für die Kalkulation von Artikeln und die Berechnung von Produktionskapazitäten.
• Benchmarking/Machbarkeitsstudie „was kann wo am kostengünstigsten hergestellt werden“, Analyse „make or buy?“, Berücksichtigung von veränderten Logistikkosten, Umsetzung Produktionsverlagerung und evtl. Standortschließungen Reduzierung variabler Herstellkosten und fixer Personalkosten.
Neben der Hebung von nach innen gerichteten Potenzialen in der Leistungserstellung (Kosten und Effizienz) sollten auch die nach außen gerichteten Themen/Fragestellungen angegangen werden. Insbesondere bergen Vertriebsaktivitäten einen großen Hebel, um eventuellen Verschlechterungen des Betriebsergebnisses entgegenzuwirken. Die Erfahrung zeigt, dass insbesondere das Sortiments- und Kunden-Portfolio im FoodSektor einer Evolution unterliegt, die es alle zwei bis drei Jahre genauer zu untersuchen gilt.
Zusammenfassend werden sowohl in der Unternehmenspraxis als auch in wissenschaftlichen Studien folgende Entwicklungen im Food-Sektor erkannt:
• Das Unternehmen ist in komplexen Strukturen gebunden und wird dadurch bewegungsunfähiger und verliert auch an Profitabilität
• Produkte und ganze Produktgruppen zeigen einen negativen Deckungsbeitrag
• Das Pricing orientiert sich am Einzelfall – es fehlen klare Vorgaben und Ziele
• Potenzialträchtige Produkte und Produktgruppen werden nicht erkannt und damit auch nicht gefördert
• Das Potenzial wird im preisgetriebenen Inland gesucht – eine Exportstrategie existiert nicht
• Schwache Sortimente werden erhalten, obwohl der Lebenszyklus abgelaufen ist
• Es fehlt an Zukunftsprojekten und Innovation oder es fehlt zumindest an der Umsetzung von Innovationen aus dem vorhandenen Innovationstunnel
• Es fehlt an einer Vision und einer klar definierten Strategie.
Der Autor Herr Prof. Dr. Dominik M. Müller und Co-Autor Herr Winfried Jakob sind Partner bei Bavaria Consulting in München.
Herr Prof. Dr. Dominik M. Müller
Partner bei Bavaria Consulting
Head of Controlling und Experte für Konsequentes Kostenmanagement
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Herr Dipl.-Kfm. Winfried Jakob
Partner bei Bavaria Consulting
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